"Danke Waldemar!" oder "Das schönste Ziel der Welt" oder wie bei Ronald "Es ist vorbei..." oder "Die Rippe hat gehalten" oder "Ich geh aufs Ganze" oder oder oder... Aber der Reihe nach.
Nach 6x Halbmarathon auf dem Rennsteig hatte ich letzten Sommer den Entschluss gefasst, im Frühjahr wird der Marathon dort gelaufen und so meldete ich mich bereits im Oktober an. Zum Jahreswechsel wurden wieder Pläne (3:15 nach cp und 3:18 nach MarathonAustria) rausgesucht, mit denen ich mich die folgenden 18 Wochen beschäftigen wollte. Diese sollten aber nur grobe Anhaltspunkte werden, da a) die Zeit eh uninteressant und für den Rennsteig unmachbar war und b) ich gar nicht so viel Zeit habe, wie in den Plänen steht: min. 5 Einheiten pro Woche. Das habe ich nur einmal hinbekommen. Bei mir waren es im Schnitt 3,5 Einheiten pro Woche: seit Anfang Januar 64x Laufen und 1108km: macht also durchschnittlich reichlich 17km pro Woche. Die Vorbereitungen liefen nicht perfekt, ein paar mehr >33km-Läufe hätten es sein können, aber trotz recht strengem Winter habe ich die meisten der langen Läufe immer Donnerstag nach der Arbeit abgespult, was nicht immer Spass gemacht hat. Auch ohne Tempotraining zahlte sich das Ganze aus und so erlief ich neue Bestzeiten über 10km und Halbmarathon so fast nebenbei, wobei ich besonders auf die 1:28 beim HM doch recht stolz bin.
Der Hermannslauf als finaler Vorbereitungslauf vor dem Rennsteig war eine tole Sache, aber bei mir bewirkte er auch Skepsis, denn einerseits hatte er es ganz schön in sich, forderte mich doch mehr als erwartet und vor allem ereilte mich wieder das Problem mit meinem Rippenbogen, welches mich 2008 zum Ausstieg beim Leipzigmarathon bei km33 zwang; ein Déjà-vu!? Auch die letzten 3 Trainingseinheiten vor dem Marathon waren geprägt von diesen Problemen und die ersten 2-3km waren jedes mal von Rippenschmerzen geprägt und so stand ich ehrlich gesagt kurz davor, den Rennsteig 2 Tage zuvor für mich zu canceln, denn die Signale meines Körpers will ich nicht ignorieren. Aber irgendwie sollten die letzten Wochen auch nicht ganz umsonst sein. Andererseits kann man eben nicht einfach bei km25 mal in die Straßenbahn steigen...
Egal, Freitag mit gepackten Taschen los und nach 1h Stau und 25 Extrakilometern wegen Sperrungen kurz vor 20Uhr in Neuhaus bei Nebel und 4°C angekommen und alles abgeholt. Hier traf ich noch Waldemar Cierpinski und mit dessen Segen (bzw. Autogramm auf der Startnummer) konte ja eigentlich nix schiefgehen. In der Gutsmuthshalle machte der "Hans" schon Stimmung wie beim Oberhofer Bauernmarkt. Nur die Kameras des MDR vermisste ich. Aber schön warm war es - im Gegensatz zum Kofferraum meines Astra Caravan, welcher traditionell die Herberge in der Nacht vorm Rennsteiglauf war. Aber super ausgeschlafen konnte man ab 6 Uhr in der Halle schön frühstücken und sich aufwärmen. Dann umgezogen, Kleiderbeutel abgeben und bei etwas Sonnensschein ging es 9Uhr bei 6°C los. Wetter wie ich es liebe. Über den Fahrplan des Laufes war ich mir nicht im Klaren und so diskutierten wir letzte Woche noch und die Laufkollegen empfohlen einen 5er Schnitt. Zum Glück geht es anfangs erstmal bergauf und die Euphorie wird etwas gebremst. Da ich aber gleich aus der 5. Startreihe loslief, ging es auch flott los...
Nach einer 5:11 folgten 4:37, 4:40, 4:47, 4:28, 4:18, 4:40, 4:43 und dann zum Glück ein Berg, der mich einbremste. Bei km 4,5 überholte mich plötzlich jemand im eXa-Vereinsshirt... Häh? Hat doch gar keiner gemeldet... Es war Dirk, der nachgemeldet hatte und wie immer von hinten startete und jetzt das Feld aufrollte (und am Ende in 3:10 finishte!). Kurzer Plausch, weg war er. Dann folgten wieder mehrere Kilometer deutlich unter 5er Schnitt. Zumindest bis zum Anstieg Masserberg. Meine Zeitentabelle (die ich sogar in der Hosentasche inklusive Streckenprofil mit hatte...) hatte ich völlig über den Haufen geworfen und befürchte, heute völlig krachen zu gehen. Und auch wegen meinem Rippenbogen hatte ich große Bedenken. Am Masserberg lag noch etwas Schnee an den Rändern und im Wald. Aber es lief sich super und obwohl sich keine Gruppe bildete, lief ich immer wieder mal paar Meter vor oder hinter den gleichen Läufern, die auch im Ziel kurz vor oder hinter mir waren. Die Kilometer flogen nur so dahin und so überquerte ich die HM-Zwischenzeitenmatte bereits bei 1:42:37, das war 1min langsamer als beim letztjährigen Rennsteig-HM und 1min schneller als beim Leipzigmarathon(-versuch) 2008. Hoffentlich rächt sich das nicht, anderseits hat sich in letzter Zeit gezeigt, dass optimistisches Angehen sich auszahlen kann und ausserdem stand auf meiner Startnummer "Ich geh aufs Ganze!". Aber irgendwie lief es halt auch gut und die Läufer um mich herum erschienen mir nicht um Kategorien schneller als ich. Ab der HM-Marke wurde das Profil deutlich welliger. Besonders beeindruckend und berühmt-berüchtigt ist der "Hohlweg": eher eine Rinne als Weg mit zahlreichen Wurzel und viel losem Schotter und großen Steinen und das Ganze recht steil bergab. Zum Glück staute es sich nicht davor, aber man musste höllisch aufpassen und konnte weder überholen noch überholt werden. Ein richtig fetziges Stück Rennsteig!!! Danach wieder mal ein knackiger Anstieg und da ich super in der Zeit lag, musste ich nicht drücken, sondern konnte kräfteschonend hochtippeln. Bei km30 bin ich exakt nach 2:30:xx durch.
Dann wieder ein heftiger Anstieg etwa bei km31. Jetzt ging ich wie viele hier ein paar Schritte: auf die 1-2 Minuten kam es mir heute nicht an, denn sollte nichts Schlimmes mehr passieren, sollte ich die 4 Stunden eigentlich packen, die das Minimalziel waren, den alles andere war Bonus, denn Spass sollte es machen! Kaum war ich wieder angelaufen merkte ich deutliche Anzeichen eines Krampfes im rechten Oberschenkel! So was hatte ich noch nie und Anhalten und Dehnen wollte ich auch nicht, also erstmal weiter und versuchen, es wieder "rauszulaufen" und tatsächlich, danach ging es wieder problemlos. Auf Salzsticks oder -tabletten hatte ich verzichtet (da noch nie probiert) und nur 2 Gels dabei, wobei ich das erste bei km28 und das zweite (aus eher mentalen Gründen) erst bei km35 nahm. Bei 33km wieder ein steiler Anstieg den ich mit ein paar großen Gehschritten überwand. Passenderweise schallte es hier aus großen Boxen "...nothing's gonna stop us now..." Ich wusste jetzt schon, dass heute wohl alles passt und ich konnte den Lauf weiterhin auch geniessen. Danach wieder welliges Profil und ein letzter steiler Anstieg und bei km39 hörte man schon den Stadionsprecher im Ziel in Schmiedefeld. Erste Gefühlsausbrüche übermannten mich und gleichzeitig stellte ich fest, dass ich gar kein Gefühl mehr in den Armen habe, komisch... Die letzten Meter im Wald und rauf auf die Straße, die runter ins Tal von Schmiedefeld führt. Dann kommt schon die Marathon-Zeitmatte, die ich bei 3:35:10 überquerte (hey, das ist sogar PB...). Unten im Tal wollte eigentlich Alex als persönlicher Antreiber und Fotograf warten und mich den finalen "Scharfrichterberg" hochjagen. Da ich aber doch viel früher als erwartet hier auftauchte, war da keiner... Viele Halbmarathonis säumten den Berg oder liefen bereits runter zu den Bussen. Diesen Berg wollte ich unbedingt rennend bezwingen und so ging es sogar recht "easy" wobei mir Matthias, der kurz vorm "Gipfel" stand bestätigte, dass "entspannt" wohl anders aussieht... Oben kommt ein bisschen TourDeFrance-Feeling auf, wenn man durch das Menschenspalier rennt! So, noch einmal um den Sportplatz. Jetzt merkte ich wieder deutlich meinen rechten Oberschenkel, doch egal, auch kein Zielsprint, sondern lieber die letzten Meter geniessen und nach
3:42:31
rannte ich durchs Ziel. Endlich! Medaille empfangen und erstmal am Gitter anlehnen. Nochmals Gefühlsausbrüche und dann erstmal ein paar Becher Tee eingeworfen... Nur nicht stehenbleiben oder gar setzen, das wusste ich noch von meinen letzten Marathons (man, das ist schon 6 Jahre her...). Also nochmals zum Berg gegangen und Bekannte Gesichter gesucht aber keines gefunden. Jetzt wurde es auch richtig kalt und somit ab zur Gepäckwiese und erstmal Alex anrufen, der jetzt an der Marathonmarke stand und versuchte den Mann von Mikatiming zu bestechen, ob ich durch bin oder nicht... Dann umziehen. Jetzt traf ich Ronald, der den SM in 6:04 finishte (Gesamt-20.) und eine bibbernde Manu (Gesamt-13. und AK-2. beim SM 7:06). Köstritzer reingeplumpt und der Versuch, eine Bratwurst zu essen - wie immer: geht nicht. Dirk nochmal getroffen, sowie endlich auch Alex und Susi sowie alte Läuferbekanntschaft aus der Heimat. Dann folgte der einzige Makel des Tages: Bustransfer nach Neuhaus (7€ und stehen müssen..., die HMler fahren umsonst...). Dort spuckte der Bus zu 90% nur staksende Zombies aus. Ich zählte diesmal nicht dazu: keine Probleme und auch heute ist das Treppensteigen fast kein Thema und selbst zum Fussballspiel im Clarapark reichte es heute schon! Also, alles richtig gemacht! Und auch für den Verein ein wirklich erfolgreicher Tag, denn neben den bereits erwähnten Resultaten erzielte Jörg einen fantastischen 4.Gesamtrang beim Supermarathon (5:32, das wäre Platz 2 letztes Jahr geworden) und Alex lief beim Halben seine angekündigte 1:30er Zeit.Abschließend noch vielen herzlichen Dank an meine Familie, die oft und lang auf mich verzichten musste während ich durch den Auewald hirschte oder vereiste Cossi-Radwege schlitterte und ein fettes Dankeschön an meine Vereinskameraden, die mich bei vielen Läufen begleiteten, mich zu neuen Bestzeiten zogen und mir vor allem auch Mut zusprachen! DANKE!!!
9 Kommentare:
Gratulation zum Lauf und dem schönen Bericht.
Rennsteig ist schon was besonderes.
Jör
Gratuliere auch noch mal auf diesem Weg. Beim nächsten Mal lässt Du bitte den alten Mann nicht umsonst 2km ins Tal wandern und wartest gefälligst am vereinbarten Treffpunkt. Kommst Du im Oktober mit nach Frankfurt?
PS:
Wer am Tag nach einem Marathon Fußball spielen kann, war definitiv unter seinen Möglichkeiten!
Herzlichen Glückwunsch zu Deiner Leistung!
Dein Bericht bestärkt meinen Wunsch, den Rennsteiglauf auch einmal anzugehen.
Fußball am Tag danach unterstreicht die gute Vorbereitung und sicher auch die vorhandenen Reserven.
Das hast du absolut super hinbekommen. Damit hast du sicher deine eigenen Erwartungen noch überboten. Aber die Zeichen (Zeiten) im Vorfeld ließen eigentlich nur Gutes erahnen.
Mit (d)einer ordentlichen Vorbereitung lässt sich ganz schön was reißen, Gratulation und - RESPECT .
Da sieht man mal wieder was für krasse Typen im tiefsten Winter am Cospudener See unterwegs sind. Wem Schneewehen und Dunkelheit nicht aufhalten, der rockt den Rennsteig nebenbei. :)
Gratuliere! der rob
Gratuliere und schöner Bericht, da will man selbst gleich auch mal mit laufen.
Da rennt der DNA eine Bestzeit nach der anderen. Glückwunsch. Jetzt kann die Erzgebirgstraverse ja kommen.
Leider konnte ich dir das versprochene Köstritzer nicht ausgeben und musste es selber trinken, aber irgendwie haben wir uns alle nicht mehr im Festzelt getroffen. Wir waren dann so gegen 14:30 bei den Siegerehrungen und sind dann auch im Anschluss gleich zurück.
hut ab und gratulation - da sieht man, dass mit viel willen, fleiß und training enormes erreichen kann. - da werde ich dich zukünftig wohl leider nur noch von hinten sehen.. im flachen ist bei dir ja dann ne zeit sub 3:15 h locker drin!
gruß perle
Tut mir leid, dass ich Dich im Forum noch schneller gemacht habe, als Du tatsächlich warst. Ich habe einfach nur den Vornamen gesehen und war sprachlos.
Das bin ich eigentlich immer noch, denn am Rennsteig PB zu laufen, das ist doch einfach der absolute Hammer.
Da muss doch einfach nächstes Jahr der SM kommen, oder?
Sachsenwilli
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